Der Körper ist Privatsache. Im neuen Patientenrechtegesetzt von 2012 ist in allen Einzelheiten verbrieft, dass der Kranke über ziemlich alles selbst entscheiden kann, sofern er Ärzte als Akteure dafür findet. Ist damit Krankheit zu seiner rein privaten Angelegenheit geworden?

Mitnichten. Denn der Kranke ist eingebettet in ein soziales System, in dem die Gesellschaft Dienste zu seiner Genesung und zu seinem Wohlergehen vorhält. Soziologisch gesehen gibt es demnach mannigfaltige Wechselwirkungen zwischen der Gesundheit des Einzelnen und der Pflicht der Gemeinschaft.

Soziologie ist die Wissenschaft der Lebenszusammenhänge von Gesellschaften. Somit analysiert die Soziologie auch deren Gesundheitszustand und der Einflussgrößen. Dabei bedient sich die Bewertung auch des historischen Vergleichs. Die soziale Einbettung kranker Menschen, insbesondere dann, wenn hierdurch Arbeitsfähigkeit und Lebensunterhalt (Erwerbsfähigkeit) gefährdet sind, sowie die gesellschaftliche Stellung und Versorgung älterer und / oder pflegebedürftiger Menschen, macht Gesundheitsfürsorge zu einem Politikum. Dies gilt ebenfalls für die Prävention, in besonderem Maße aber für die Rehabilitation.

Soziologie untersucht die Zusammenhänge zwischen dem sogenannten Sozialstatus wie etwa Herkunft, Ausbildung, Arbeit, Wohnsituation und Altersversorgung und dem Gesundheitsverhalten und Krankheitsrisiko in verschiedenen Lebensphasen. Das Ergebnis ist nicht überraschend: Krankheit ist nicht nur primär ein ganz persönliches Problem, sondern tritt über die Frage nach dem „wer kommt dafür auf?“ aus der Nische der Privatsache heraus.

Der Kranke sollte es dem Arzt also nicht übel nehmen, wenn dieser die Verantwortung und sein Engagement in seinem Kranksein (Eigenverantwortung) bei Gelegenheit anmahnt.

All dieses eingedenk bleibt das Recht jedes Einzelnen auf Unvernunft als Teil seiner Freiheit.