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Ist Gesundheit Privatsache?

Donnerstag, 15. November 2012 18:28

Der Körper ist Privatsache. Im neuen Patientenrechtegesetzt von 2012 ist in allen Einzelheiten verbrieft, dass der Kranke über ziemlich alles selbst entscheiden kann, sofern er Ärzte als Akteure dafür findet. Ist damit Krankheit zu seiner rein privaten Angelegenheit geworden?

Mitnichten. Denn der Kranke ist eingebettet in ein soziales System, in dem die Gesellschaft Dienste zu seiner Genesung und zu seinem Wohlergehen vorhält. Soziologisch gesehen gibt es demnach mannigfaltige Wechselwirkungen zwischen der Gesundheit des Einzelnen und der Pflicht der Gemeinschaft.

Soziologie ist die Wissenschaft der Lebenszusammenhänge von Gesellschaften. Somit analysiert die Soziologie auch deren Gesundheitszustand und der Einflussgrößen. Dabei bedient sich die Bewertung auch des historischen Vergleichs. Die soziale Einbettung kranker Menschen, insbesondere dann, wenn hierdurch Arbeitsfähigkeit und Lebensunterhalt (Erwerbsfähigkeit) gefährdet sind, sowie die gesellschaftliche Stellung und Versorgung älterer und / oder pflegebedürftiger Menschen, macht Gesundheitsfürsorge zu einem Politikum. Dies gilt ebenfalls für die Prävention, in besonderem Maße aber für die Rehabilitation.

Soziologie untersucht die Zusammenhänge zwischen dem sogenannten Sozialstatus wie etwa Herkunft, Ausbildung, Arbeit, Wohnsituation und Altersversorgung und dem Gesundheitsverhalten und Krankheitsrisiko in verschiedenen Lebensphasen. Das Ergebnis ist nicht überraschend: Krankheit ist nicht nur primär ein ganz persönliches Problem, sondern tritt über die Frage nach dem „wer kommt dafür auf?“ aus der Nische der Privatsache heraus.

Der Kranke sollte es dem Arzt also nicht übel nehmen, wenn dieser die Verantwortung und sein Engagement in seinem Kranksein (Eigenverantwortung) bei Gelegenheit anmahnt.

All dieses eingedenk bleibt das Recht jedes Einzelnen auf Unvernunft als Teil seiner Freiheit.

 

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Neues Patientenrechtegesetz 2013

Freitag, 9. November 2012 19:08

„Ich schwöre bei Apollon dem Arzt und Asklepios und Hygieia und Panakeia, daß ich nach meinem Vermögen und Urteil diesen Eid und diese Vereinbarung nach meiner Fähigkeit und nach meiner Einsicht erfüllen werde. […] Ich werde ärztliche Verordnungen treffen zum Nutzen der Kranken nach meinem Urteil, hüten aber werde ich mich davor, sie zum Schaden und in unrechter Weise anzuwenden“.

So forderte und sprach Hippokrates von Kos, der große griechischer Arzt und Ahnherr aller Ärzte etwa 400 vor Christus.

In der Genfer Deklaration des Weltärztebundes heißt es seit 1948 nach Christus in einer modernisierten Version eindeutig „Die Gesundheit meines Patienten soll oberstes Gebot meines Handelns sein.“

Mit der enomen Komplexität der modernen, vielschichtigen Medizin kommt es dennoch, wie eh und je, auch und gerade heute zu unerwünschten Behandlungsergebnissen,die zu vermeiden sich alle wünschten. Diese mögen am Arzt, am Krankenhaus, an der gegebenen anatomischen Situation, oder am Behandelten selbst liegen. Wo Ärzte und ihre Standesorganisationen vom Kunstfehler sprechen, bemühen vermeintlich Geschädigte schnell die Begriffe Schlamperei oder gar Pfusch.
Fahrlässigkeit ist weder entschuldbar und schon gar nicht zu verharmlosen, sondern strafbar.

Für Patienten war es bisher oftmals mühsam, einem Arzt oder einem Krankenhaus Behandlungsfehler nachzuweisen. Mit dem neuen Patientenrechtegesetz soll es für Patienten leichter werden, sich zu wehren.
Denn bisher musste, wer sich von seinem Arzt beschädigt fühlte, den oft mühsamen Gang durch die Paragrafen von Grundgesetz, Sozialgesetzbuch, Bürgerlichem Gesetzbuch, Reichsversicherungsordnung, Berufsrecht, eventuell sogar der Röntgenverordnung auf sich nehmen, um zu seinem Recht zu gelangen. Es folgte die langwierige Suche und Analyse der zum eigenen Schadensfall möglichst dazu passenden Gerichtsentscheidungen früherer Fälle. Daher war die Bündelung der Rechte in einem eigenen Patientenrechtegesetz 2012 überfällig.
Als Haupteffekt darf erwartet werden, dass Fehler im ärztlichen Verhalten künftig objektiver zu erkennen sind. Gleichzeitig ist möglichst das Vermeiden unerwünschter Diagnose- und Therapieeffekte zu erwarten.

Wie bisher war eines der kritischsten Themen die Beweislast. Danach bleibt die Frage, ob der Patient dem Arzt einen Behandlungsfehler beweisen muss, oder ob umgekehrt der Arzt beweisen muss, dass ihm ein solcher nicht unterlaufen ist. Diese generelle Beweislastumkehr führt in den USA seit Jahrzehnten zu einer stetig ausufernden Prozesslawine vor allem gegen operativ tätige Ärzte. Im Gegenzug resultiert dort seitens der Ärzte eine überaus defensiv praktizierte Medizin und eine erschreckend extensive Risikoabsicherung. Während hierzulande immer noch die Situation vorherrscht nach dem Motto des Patienten „Herr Doktor, Sie tun schon Ihr Bestes, Sie sind der Experte“, heißt es in den USA vom Arzt „Ja, ich operiere Sie, aber nur, wenn Sie selbst alle Risiken übernehmen“.

In Deutschland liegt die Beweisumkehr beim Arzt bisher bei „groben“ Behandlungsfehlern, etwa bei der Operation eines falschseitigen Kniegelenks, Zurücklassen von Operationsinstrumenten im Bauchraum oder ähnlich klaren Fehlern.

In der Aufarbeitung der Rechte und Pflichten von Patienten und Ärzten ist die PatientInnenstellen Broschüre Nr.1 (Neuauflage 2009) der BundesArbeitsGemeinschaft der PatientInnenstellen und -Initiativen BAGP (www.bagp.de) hilfreich.

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