Ziele der Medizin sind im medizinischen Grundverständnis verankert. Ohne die Besonderheiten der ärztlichen Grundhaltung lassen sich die Ziele in einem für die Gemeinschaft verträglichen Kontext nicht erreichen. Dabei werden die meisten Gesellschaften sich in Zukunft auf eine gesundheitsbezogene Grundversorgung beschränken müssen. Gemeint ist eine Krankheitsverhütung, welche eng verbunden ist:

  • mit einer Gesundheitsförderung durch Bildung, Erziehung und Unterweisung;
  • mit der Heilung von Krankheiten;
  • mit der Fürsorge, wenn Heilung nicht mehr möglich ist, verbunden mit Linderung von Schmerz und Erleichterung von krankheitsverursachtem Leid;
  • mit der Vermeidung eines frühzeitigen Todes und dem Streben nach würdigem Sterben.

Das medizinisches Grundverständnis, das nicht neu definierbar und damit nicht zur Disposition stehend ist, kann ins Wanken geraten, wenn Ökonomisierungszwänge zur Rationierung Anlass geben. Eine noch weiter fortschreitende Zwei- oder Mehrklassenmedizin bereitet dann den Boden für eine wunscherfüllende Medizin jenseits der medizinischer Grundversorgung.

Der traditionelle medizinsuchende Patient war krank oder fühlte sich so, und suchte  beim Arzt Linderung oder Heilung. In einigen medizinischen  Bereichen zeichnet sich nun ein neuer Ratsuchender, nämlich ein Nutzer medizinischer Leistungen als ein Klient ab. Im Internet teilgebildet braucht er medizinisches Wissen und Können nicht mehr dazu, um aus seinem Leiden das normale Elend zu machen. Vielmehr benötigt er ärztliche Expertise und industrielle Ware, um seine eigene körperliche Verfassung mit seiner gewünschten Lebensführung zur Deckung zu bringen. Er braucht den Leibarzt neuer Prägung und zahlt dafür. Schlagwörter in diesem Zusammenhang sind:

  • Vitaloptimierung,
  • Sexualoptimierung (Viagra etc.),
  • Schönheitschirurgie (z. B. Sissi-Krankheit),
  • Anti-Aging (Jugendwahn),
  • Lebensplanung (Reproduktionsoptimierung inklusiv vorgeburtliche Merkmalsfestlegung),
  • Alternativmedizin (Wellness statt Heilen)
  • und andere mehr.

Das ärztliche Grundverständnis gerät ins Wanken.