Im Urologenjargon handelt es sich bei der gutartigen Prostatavergrößerung des Mannes in der 2. Lebenshälfte um die benigne Prostatahyperplasie – kurz BPH. Die vier Diagnosen der Prostata – das sind die gutartige Vergrößerung, Entzündungen, bösartige Tumoren und sonstige Erkrankungen – machen gut die Hälfte des kompletten Diagnosespektrums männlicher Patienten in der urologischen Facharztpraxis aus.

Wer ist betroffen?
Einer der Gründe für diese Zunahme ist die Tatsache, dass die männliche Bevölkerung in der Altersgruppe der über 60jährigen in Deutschland in den vergangenen zwanzig Jahren von 6,5 Mill. auf 8 Mill., also um 23% angestiegen ist. Es wird bereits von einer Volkskrankheit Prostatavergrößerung gesprochen.
Dabei hat sich das Bewusstsein der Männer, was die Symptome der Prostatavergrößerung anbelangt, in den letzten Jahrzehnten deutlich geändert. Mit Beschwerden beim Wasserlassen wie abgeschwächter Strahl, Gefühl der unvollständigen Blasenentleerung und häufiges Wasserlassen des Nachts gehen heute Männer viel häufiger (und meist freiwillig) zum Urologen.
Schwere Folgen der BPH etwa an der Harnblase und den Nieren sind in den letzten Jahrzehnten sehr zurückgegangen. Dafür nehmen die mit der vergrößerten Prostata und mit der Behandlung in Verbindung stehenden Störungen der Sexualsphäre einen immer höheren Stellenwert ein.

Was Männer am meisten stört
Maßgeblich steht die Beeinträchtigung der Lebensqualität durch die direkte Belästigung des Mannes ganz im Vordergrund. Diese Beeinträchtigungen betreffen vornehmlich die Qualität der Blasenentleerung.
Diese sind:
Verminderte Harnstrahlstärke;
Zunehmende Häufigkeit der Blasenentleerung;
Nicht vollständige Entleerung der Harnblase.
Diese Symptome sind naturgemäß eine sehr subjektive Angelegenheit. Ärzte haben Möglichkeiten, diese Symptome mit Zahlen, Bildern und Messkurven objektiv zu belegen und daraus eine Indikation zu einer Behandlung zu machen.
Im Sprachgebrauch des Urologen finden Sie:
Fingerbetastung: Austastung des Enddarms, um sich einen Eindruck von Größe und Beschaffenheit der Prostata zu verschaffen.
TRUS: transrektale Ultraschalluntersuchung, um das Prostatavolumen exakt zu bestimmen und die Innenstruktur (gutartig / bösartig) besser beurteilen zu können.
Restharn: Ultraschalluntersuchung der Blase nach Entleerung, um mögliche Urinrückstände (Restharn) zu messen.
Uroflow: Harnstrahlmessung bei voller Blase.
IPSS: Ein Symptomenzählsystem, mit dem der Urologe den Schweregrad der Prostatasymptome objektiv bestimmen kann.

Die genannten Störungen der Blasenfunktion verlaufen im allgemeinen langsam, also schleichend. Ein manchmal über Jahre sich hinziehender Gewöhnungsprozess relativiert häufig die eigene Beurteilung der Lästigkeit der Symptome und mit ihr die Lebensqualität.

Beratung durch den Urologen
Beschwerden bei der Harnentleerung werden unter dem Deckmantel des Älterwerdens mitunter gottergeben hingenommen und sogar auch angenommen. So nimmt es nicht Wunder, dass entsprechend einer umfangreichen Befragung der Bochumer Universitätsurologen an 9000 Männern zwischen dem 50. und 90. Lebensjahr nur ein Drittel der befragten Männer bei Blasenentleerungsstörungen den Arzt konsultieren. Die dem Laien zugänglichen Gesundheitsmedien sind nicht immer dazu geeignet, beim Betroffenen den Blick für Therapiemöglichkeiten oder Behandlungsalternativen zu schärfen. Die Entscheidung zwischen verschiedenen Therapieverfahren hängt gerade bei Krankheiten, die vornehmlich die Lebensqualität betreffen, weniger von der Empfehlung des Arztes als vielmehr von der Einstellung des Patienten zu seiner Befindlichkeitsstörung ab.
Wann bekommt diese Befindlichkeitsstörung die Merkmale, die sie notwendigerweise zu einer Krankheit machen? So bevorzugen die einen, je nachdem wie sehr die Symptome sie belasten und in ihrem täglichen Leben störend beeinflussen, die Möglichkeit einer sofortigen Besserung durch eine operative Behandlung und nehmen die möglichen negativen Nebenerscheinungen in Kauf. Andere wiederum finden die Risiken nicht akzeptabel und versuchen, ihre Symptome mittels wirksamer Medikamente nachhaltig zu lindern. Hierbei spielt eine nicht zu vernachlässigende Rolle, welche Erfahrungen aus dem Freundes- und Bekanntenkreise des Betroffenen berichtet werden. Er gibt letztendlich seine Einwilligung zu derjenigen Therapie, welche ihm nach ausführlicher Beratung durch den Arzt persönlich als am ehesten wünschenswert erscheint. Wie bereits angedeutet, ist hinsichtlich der Symptome von Patient zu Patient eine sehr unterschiedliche Toleranzschwelle zu registrieren. Während manche Männer gewillt sind, sogar relativ schwerwiegende Symptome zu ertragen, um durch Aufschieben einer Therapie die Nebenwirkungen dieser zu vermeiden, ziehen andere mit weitaus weniger gravierenden Beschwerden eine schnelle operative Heilung einer längeren medikamentösen Behandlung vor.

Sexualfunktion und Prostataleiden
Die Vorsteherdrüse (lateinisch: glandula pro stat ) ist eine männliche, so genannte Geschlechtsanhangsdrüse. Die Prostata wirkt bei bestimmten Sexualfunktionen mit – so bei der Samenbereitung und beim Samenerguss und Orgasmus. Da im Prostataalter normalerweise Zeugungsfähigkeit (potentia generandi) nicht mehr gefragt ist, konzentriert sich das Interesse der betroffenen Männer vornehmlich auf die negativen Auswirkungen der Prostataoperation auf die Erektion, die Fähigkeit zum sexuellen Beischlaf (potentia coeundi).
Früher war selbst bei Urologen die Überzeugung weit verbreitet, die erektile Sexualfunktion bleibe nach einer Prostataoperation – wegen gutartiger Vergrößerung durchgeführt – unverändert. Vielmehr wurden postoperative Potenzstörungen als psychogen erachtet, und dies auch dem leidgeplagten und enttäuschten Patienten weiter vermittelt. Heute wissen wir aufgrund vergleichender Untersuchungen und Statistiken, dass eine sexuelle Potenzstörung (erektile Dysfunktion) im Gefolge einer Prostataoperation wegen gutartiger Vergrößerung in bis zu 40 % auftreten kann.
Sexuelle Motivation und gute Partnerbeziehung spielen eine entscheidende Rolle, ob nach einer Prostatabehandlung das Sexualleben dauerhaft leidet. So ist heute bekannt, dass Männer über 60 Jahre, die nicht in einer festen Partnerschaft leben, nur in etwa 15 % der Fälle zugeben, sexuell aktiv zu sein. Es ist auch generell zu beobachten, dass der vor der Prostatabehandlung sexuell recht aktive und durch seine dauerhafte Partnerin sexuell motivierte Mann auch nach einer operativen Prostatabehandlung schneller und nachhaltiger zu einem beiderseits zufriedenstellenden Sexualleben zurückfindet als der Betroffene, der vor allem in der geringer gewordenen nächtlichen oder morgendlichen Gliedversteifung den hauptsächlichen sexhemmenden Effekt seiner Operation zu finden glaubt.

Eine völlig anders zu bewertende, mitunter selbst vom Operateur vor dem Eingriff wenig thematisierte Begleiterscheinung stellt die sogenannte retrograde Ejakulation – auch trockener Orgasmus genannt – dar. Diese Funktionsstörung wird gelegentlich als recht unliebsam empfunden. Bei dieser postoperativ eigentlich immer auftretenden Nebenerscheinung wird die Ejakulationsflüssigkeit (Sekret vornehmlich aus den Bläschendrüsen und der Prostata) nicht nach vorne aus der Harnröhre ausgestoßen, sondern nach hinten in die Blase gespült. Diese Vermischung des Spermas mit dem Urin in der Blase ist völlig harmlos. Die retrograde Ejakulation wird von Männern nach der Operation rasch bemerkt und gibt im Falle mangelhafter ärztlicher Aufklärung Anlass zu kritischem, enttäuschtem Hinterfragen.

Prostatamedikamente – mehr als nur ein Versuch
Mit den modernen, gezielt auf den Harnfluss und die Prostatagröße wirkenden Medikamente lassen sich heute operative Maßnahmen in vielen Fällen vermeiden. In Deutschland werden zur Therapie die drei großen Substanzgruppen Phytotherapie, α1-Blocker und 5-α-Reduktasehemmer zur Behandlung der gutartigen Prostatavergrößerung eingesetzt. Weltweit haben gegenwärtig α1-Blocker den größten Marktanteil.
Bei den pflanzlichen Prostatamitteln (Phytopharmaka) handelt es sich um Substanzgemische, die meist delta 5- und delta 7- Sterole, Fette und ätherische Öle, freie Fettsäuren und deren Ester oder Polysaccharide als Reinstoffe oder Substanzgemische enthalten. Welcher der Inhaltsstoffe nun am wahrscheinlichsten die Prostatavergrößerung im therapeutischen Sinne beeinflusst, ist bisher noch weitgehend unklar.
Die bei uns gängigsten pflanzlichen Heilstoffe stammen aus der Zwergpalmenfrucht (Serenoa repens, Sabal serrulata), der Brennnesselwurzel (Urtica dioica radix), aus Roggenpollen (Secale cereale), der afrikanischen Wurzelknolle (Hypoxis rooperi) und dem Kürbissamen (Cucurbita pepo). Eine kritische Wertung der Phytopharmaka muss sich gerade heute in Zeiten begrenzter Geldmittel im Gesundheitssystem an wissenschaftlichen Erfolgskriterien messen lassen. In vielen Fällen ist eine Wirkung über Placebo (Scheinmedikament ohne Wirkstoff) hinaus nicht bewiesen. Eine substantielle Verkleinerung der vergrößerten Prostata ist nicht zu erwarten.
Pflanzliche Prostatamittel wirken abschwellend und können damit nach mehreren Wochen die hemmenden Beschwerden bei der Blasenentleerung lindern. Da der Urologe diese pflanzlichen Mittel nicht mehr auf Kassenrezept verordnet, kauft sich der Patient diese nach Rücksprache mit dem Arzt in der Apotheke. Wichtig sind unter dieser naturheilkundlichen Behandlung regelmäßige Kontrollen beim Urologen.
Die Behandlung mit α1-Blockern beruht auf der Blockade bestimmter Zellfunktionen der Prostata. Hierbei geht es um die Erschlaffung der Muskelzellen, die für den erhöhten Widerstand beim Harndurchfluss durch die vergrößerte Prostata verantwortlich ist. Denn etwa 40 % des auf die Harnröhre einwirkenden Drucks wird durch den Muskelwiderstand verursacht. Während die α2-Rezeptoren vorwiegend den Blutdruck in den Arterien regulieren, finden sich die α1-Rezeptoren vor allem im Blasen-Prostatabereich. Unbestritten haben sich α-Blocker (wissenschaftlich: α1-Adrenozeptor – Antagonisten) bei Beschwerden durch eine vergrößerte Prostata im Alter bewährt. Der Wirkungseintritt erfolgt schnell, so dass der Behandlungseffekt oft innerhalb weniger Tage beurteilt werden kann.
Die am häufigsten verordneten prostataspezifisch wirksamen Medikamente sind Tamsulosin und Alfuzosin. Die Gesamtverbesserung dieser Medikamente (z. B. Tamsublock®) liegt je nach Ausgangssituation des Krankheitsbilds und je nach Schweregrad der Symptome zwischen 50 % und 75%. Die Therapie mit α1-Adrenozeptor-Antagonisten (α-Blockern) ist bei Männern mit Prostatavergrößerung, die nicht zwingend einer Operation bedürfen, längst anerkannt. Die rasch, oft innerhalb weniger Wochen einsetzende Wirkung stellt einen wesentlichen Vorteil vor anderen Mitteln dar. Der Therapieeffekt hält mehrere Jahre an. Bei entsprechender Patientenauswahl sind α-Blocker gut verträglich. Insbesondere über die von der Operation bekannte Beeinträchtigung der Sexualfunktion (Erektionsfähigkeit) wird bei diesen Prostatamedikamenten nicht berichtet. Mittlerweile gibt es sogar Hinweise, dass sich unter der Behandlung die Fähigkeit zu Gliedversteifungen verbessern kann. Weniger prostataspezifisch wirksame (nicht uroselektive) α-Blocker sind Doxazosin und Terazosin. Bei ihrem Einsatz ist mit einer höheren Rate von Nebenwirkungen, vornehmlich Blutdruckabfall zu rechnen.

Prostatavergrößerung durch Operation behandeln
Prostataoperationen kommen bei der gutartigen Vergrößerung unter zwei Voraussetzungen in Frage: Einmal wenn die Beschwerden den Patienten zu aktivem Handeln drängen und eine medikamentöse Behandlung nicht gewünscht wird oder bereits auf Dauer erfolglos war. Und zweitens, wenn die Prostatavergrößerung bereits Komplikationen hervorgerufen hat und etwa akute Harnsperre, Infektion und Blasensteine, Blutung oder Stauung der Nieren zu einem operativen Eingriff zwingen. Empfiehlt Ihnen Ihr Urologe eine Prostataoperation, so sollten Sie ihn nach der OP-Indikation fragen:
Absolute Operationsindikationen:
Wiederkehrende Harnverhaltungen
Blasensteine
Wiederkehrende Blutungen
Beginnende Niereninsuffizienz
Wiederkehrende Harnwegsinfekte
Dann kommt die sogenannte transurethrale Resektion (TUR: „Hobeloperation“ durch die Harnröhre) zum Zug.
Hierbei handelt es sich weltweit um das operative Standardverfahren durch die Harnröhre. Diese Operation ist effizient und bedarf eines Krankenhausaufenthaltes und einer Narkose. Ein Katheter kann normalerweise 1-2 Tage nach dem Eingriff entfernt werden.
Potenzstörungen können besonders dann die Folge sein, wenn bereits vor dem Eingriff die sexuelle Potenz zu wünschen übrig ließ.